zwischen meinen zeilen

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Donnerstag, 28. August 2014

Der Circle umschließt alles - auch dich!

Das Buch mit dem grellen Cover ist derzeit in aller Munde und hat den ersten Platz der Bestsellerlisten im Sturm erobert. Zu Recht? Verdient er ein Smile?


Das ist nämlich in der Welt von Mae Holland - der jungen, hippen Hauptperson - so etwas wie ein Like, ein positives Feedback innerhalb eines sozialen Netzwerks. Sein Gegenstück ist ein Frwon. Im Unterschied zu unseren aktuellen Netzwerken hat jeder ein „TruYou“, er ist also mit seinem realen Namen angemeldet. Und über Nacht wurde das Internet höflich. Toll oder? 

Das war der Beginn des Circle. Die liebe Mae ergattert einen der besten Jobs der Welt, sie darf beim Circle arbeiten und wir als Leser dürfen sie dabei begleiten. Sie fängt ganz unten an, mit dem Beantworten von Kundenanfragen auf einem wunderschönen Tablet. Alles auf dem Campus des Circle ist schön, modern und einfach großartig: Gesundes Essen, Sportmöglichkeiten, Partys, Auftritte bekannter Künstler, Wohnheimzimmer mit Luxusausstattung. Und jede Woche wird ein neues, total spannendes Projekt präsentiert, wie „SeeChange“, eine kleine Kamera, die sich jeder leisten und überallhin kleben kann, damit jeder jeden Ort der Erde sehen kann. Denn: Nichtwissen ist schrecklich und Privates ist Diebstahl an allen Anderen! So sehen es die - ungeheuer beliebten und bewunderten - „Weisen“ des Unternehmens. Für sie muss nicht nur alles Wissen zugänglich sein - und sei es nur, was DU gestern Abend gemacht hast - sondern es muss auch jeder partizipieren und schließlich vollkommen transparent sein! 

Das wird auch Mae, indem sie immer eine Kamera um den Hals trägt und alle ihr live zusehen können, den ganzen Tag. Sie zeigt ihren Viewern den Circle und seine Großartigkeit und wird dafür von allen geliebt. Dass sie ab und zu überfordert ist, dass sie sich komplett vom Unternehmen vereinnahmen lässt oder dass es auch schlechte Seiten gibt - wenn ihre beste Freundin zusammenbricht, weil sie heraus gefunden hat, dass ihre Eltern eines Tages tatenlos bei einem Todesfall zusahen - will sie nicht wahr haben. 
Dies bleibt dem Leser zur Aufgabe, denn der Roman wertet nicht, er schildert nur. Eine Welt aus totaler Kommunikation und Transparenz, der sich alle freiwillig unterwerfen. 

Also: Smile oder Frown? Beides. Die Brisanz des Themas und diese gar nicht so weit entfernte Realität ist interessant und überzeugend. Als Roman selbst sind Handlung und Figuren nicht sehr ausgefeilt, gleiches gilt für die Sprache. Doch ist dies vielleicht auch ein Kunstgriff: Wenn wir alle nur online, als Profil, als Summe unserer Smiles und Käufe und Daten existieren, werden wir dann nicht zu flachen Charakteren, die keine ausgefeilten Geschichten mehr erleben?