zwischen meinen zeilen

zwischen meinen zeilen

Freitag, 4. Oktober 2013

Singvogel


Bücher saugen mich in ihre Welt, begeistern, unterhalten, verstören mich und lassen mich in der realen Welt allein zurück...


Noch nicht erlebt,
aber Werk eines bekannten,
gern gelesenen.

Komme langsam voran,
hätte doch einen Tag zum Eintauchen nehmen sollen.
Zu spät.

Im Bus
das Ende naht,
der erste Schock,
aber auch schön,
ein Bild ergibt sich.

Der zweite Schock.
Unwiederruflich.
Entsetzen.
Vor der Bustür stehen bleiben,
erst die letzten Seiten
dann laufen.

Starre, Taubheit.
Alles unwirklich
um mich herum.
Hallt lange nach
der Tod
einer fiktiven Figur.

Danke Thommie

Montag, 2. September 2013

Darmstadt, Bücher und ich - Kapitel 1: Darmstädter Eigenarten


Morsche (Guten Morgen).


Dicht gefolgt von „Gleich ist Feierabend“ wie einer meiner Kollegen immer zu sagen pflegt.  Das ist aber eine Eigenart nur von ihm.
Nun lebe ich schon einen guten Monat hier und langsam kommen die feinen Unterschiede zur fränkischen Heimat ans Licht. Heute will ich ein paar davon vorstellen. Gleich zu Anfang musste ich feststellen, dass auch so profane Dinge wie Müllentsorgung nicht im ganzen Land gleich sind, denn hier sind die Deckel der Papiertonnen dunkelgrün. Verwirrung. Bio kommt in die braune Tonne. Na gut. Wenn ihr meint. Inzwischen habe ich festgestellt, dass es, wenn man nur 45 Minuten mit dem Bus fährt wieder die normalen Farben gibt...Tatsächlich eine Darmstädter Extrawurst. 
Da auch hier im September gewählt wird (allerdings ist es in diesem Bundesland ohne die CSU möglich, das an einem Tag zu machen!), ist der Wahlkampf überall. Besonders die Plakate. Und nicht nur ein paar, so vereinzelt, nein, wirklich überall. Auf Augenhöhe, aber auch an Straßenlaternen, Pfosten, Schildern, hoch oben hängen die Politiker und lächeln herab. Welches Gesicht für welchen Sitz kandidiert, sagen sie mir aber nicht. Oder sie glänzen mit Wortspielen, wie dieses einfallsreiche Exemplar:





Das Geld für die Kampagne hätte man sinnvoller anlegen können. Naja. Man äußert hier aber auch sehr deutlich seine Meinung, denn oft hängen diese Plakate nicht so besonders lange. Oder sie werden zensiert:




Nicht konstruktiv, aber unmissverständlich. Vielleicht kommt man hier eben schnell zum Wesentlichen, nicht lange um den Brei reden. Es herrscht jedenfalls vor, dass Kunden nicht grüßen oder sich bemerkbar machen, sondern einfach einen Buchtitel nennen, so wie „Kokosöl nicht nur fürs Hirn“. Tja. Dann mach ich mal was Schönes damit, vielen Dank auch. Auch wenn diese Kunden im weiteren Gespräch dann total nett sind, ist es im ersten Moment doch etwas…verstörend. Und dabei heißt es immer, die Franken wären unhöflich…

Nicht nur Kunden sprechen mit mir, sondern auch Fahrplan-Anzeigen. Und dabei habe ich meinen Verstand noch nicht verloren! Ob dieses eine Wort unter den Fahrzeiten nun ein Verbot eine Aufforderung oder etwas ganz Anderes sein soll, weiß ich jedoch leider nicht....



Doch wenn ich dann nach einem langen Arbeitstag am Luisenplatz sitze, auf meinen Bus warte und diese Kulisse sehe, muss ich sagen, dass ich in eine schöne Stadt gezogen bin. Auf wunderbare Jahre, Prost Darmstadt!



Samstag, 3. August 2013

Darmstadt, Bücher und ich - Prolog


Lange gab es nicht neues von mir. Jetzt etwas ganz neues. 

Eine kleine Serie möchte ich beginnen, da in meinem Leben ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde. Ein paar dieser neuen Lebensseiten möchte ich mit euch teilen. Eine neue Stadt gibt es zu entdecken. Ein neuer Alltag im Buchhandel will gelebt werden. Ein neues Ich wartet vielleicht am Ende des Weges...
Meine Gedichte werden hier aber nicht verschwinden, sondern neben dieser Serie weitergehen. Zwei Spuren, nebeneinander im Sand. 
Eines meiner ersten Erlebnisse hier, war die Begegnung mit einer Frau. Sie hielt mich am Gehsteig an und wollte mir etwas Gutes sagen. Nämlich, dass Gott mich liebt, weil er mich erschaffen hat. Wenn ich mehr wissen wolle, solle ich das Evangelium des Johannes lesen. Das habe ihr sehr geholfen und jetzt möchte sie das weitergeben, damit es auch Anderen helfe. Ich habe mich artig bedankt und wir gingen wieder auseinander. 
Auch wenn ich nicht an einen - besonders den christlichen Gott - glaube, fand ich es doch sehr freundlich von ihr. Und sie war eine der ersten, die mir nicht das Gefühl gaben, dass sie mich missionieren wollen. Sie schien als wollte sie mir einfach etwas Nettes sagen. Ein schöner Anfang in dieser Stadt, finde ich. 
Zum Abschluss dieser ersten Folge noch etwas Literarisches (im weitesten Sinne): Solche Straßenbahnen fahren hier herum, das sollte es überall mit allen möglichen Autoren geben!


Dienstag, 21. Mai 2013

Keine Nacht vollständig


Keine Nacht vollständig 
Immer ein heller Schimmer 
in den Wolken
Über den Bäumen.

Kein Fluss zu sehen
Nur Grün
das Rauschen verrät ihn
Unter der Brücke.

Keine Stille
Schritte nahen
Und verhallen.
Sind es meine?
Bestimmt. 



"night dreamer" by federicomeuli

Donnerstag, 21. März 2013

Macht des Theaters


Dieses Gedicht entstand in einer Zeit, in der mich ein Theaterstück (zum ersten Mal) wahnsinnig bewegt und beschäftigt hat. Es war zwei Mal wichtiger Teil meines Lebens. 


Verbrennungen

Faszination
Begeisterung
als Zuschauer.
der Text selbst
Dynamik
Eigenständigkeit
und trotz allem
verliert
es nichts von seinem Zauber.
nun ist es vorbei. 
beides.
doch Verbrennungen bleiben
hinterlassen Narben
auch schöne
Sprachlosigkeit
am Ende



picture clown_by_thermoskanne


Sonntag, 17. Februar 2013

Über die Schwelle

Manchmal ist das Leben in einer Übergangsphase, so als hätte jemand auf die Pause-Taste gedrückt. 


Wenn ich über diese Schwelle trete, bin ich zu Hause und Gast in einem. Diese Wohnung war meine, es stehen hier Möbel von mir. Küchentisch, Regal, Schreibtisch, Lampe, Schrank. Bücher, Küchenutensilien, Poster an der Wand. Alles meins. Aber in einer Wohnung, die jetzt nur noch seine ist. Irgendwie. 
Zumindest laut Mietvertrag. Da steht mein Name nicht mehr drin. Ich bezahle auch nichts mehr, weil ich es im Moment nicht kann. 
Deshalb bin ich in einem Wohnen-zwischen-den-Orten-Stadium gelandet. Nach vier Jahren der Unabhängigkeit lebe ich wieder bei meiner Mutter. In meinem Kinderzimmer. Wir kommen sehr gut miteinander aus, das ist nicht das Problem. Aber es ist ihr Haushalt, ihr Reich. In der Wohnung ist jetzt sein Reich, in dem ich herumpfusche, wenn ich da bin. Nur hat meine Stimme weniger Gewicht als früher. 
Ich stehe zwischen den Reichsgrenzen und beantrage immer neue Visa, um hin- und herreisen zu können. 
Alles, was mir geblieben ist, sind meine verstreuten Sachen und die Unabhängigkeit auf meiner Schulter. Sie lacht und sagt: "Schau, das war mal alles deins, dein eigenes, dein Erwachsensein. Und jetzt ist es weg, weil du dein Leben nicht auf die Reihe bekommst." Sie kugelt sich vor Lachen. Und ich spüre den Stich des Versagens. Jedes Mal, wenn ich über die Schwelle trete. 


picture "308__August_7th" by 3six5photos

Mittwoch, 6. Februar 2013

warten

Letztens habe ich gelesen, dass wir Menschen heutzutage das Warten verlernen und dass es manchmal gar nicht schlecht ist, durch das Warten eine Pause machen zu können, in der man einfach nichts tut. Doch es gibt eine Form des Wartens, die nicht so angenehm ist....


Ich warte. 
Immer, dauernd, ständig. Man sieht es nicht, ich stehe an keinem Bahnsteig oder so. Schaue nicht dauernd auf die Uhr. Wippe nicht mit dem Fuß. 
Nein, ich fahre zu meinem Freund, gehe einkaufen, mache mit Freunden einen Videoabend, schreibe Mails, surfe auf Facebook. Kurz: Ich führe ein Leben. Aber unter der Oberfläche liegt das Warten. Auf die vielleicht wichtigste Entscheidung meines Lebens. Nein, nicht ich treffe sie. Das ist es ja! 
Also, eine Entscheidung habe ich getroffen. Nämlich die, mich nicht mit meinem abgeschlossenen Studium und einem normalen Lebenslauf durch un- oder mies bezahlte Praktika zu hangeln, um dann vielleicht - ganz vielleicht - einen befristeten Job zu bekommen. Stattdessen fiel der Entschluss eine Ausbildung zu machen. In dem Betrieb habe ich kurz vorher ein Praktikum gemacht, unbezahlt, aber mit viel Freude. Man mochte mich. Die Bewerbung konnte ich also zum richtigen Zeitpunkt und konkurrenzlos abgeben. Wenn es dieses Jahr eine Azubi-Stelle dort gibt, gehört sie mir.
Da ist dieses kleine Wort: wenn. Wenn, falls, insofern, sofern, vorausgesetzt, dass es sie gibt! 
Diese weitreichende Entscheidung trifft nun ein Herr, der mit Zahlen jongliert, um irgendwann zu sagen, ob die Zentrale die Stelle bezahlt. Und er scheint langsam zu jonglieren. Sehr langsam. 
Das Warten geht also weiter. Der Ton einer Mail: Atem anhalten, falscher Absender, ausatmen. Gleiches Spiel beim Klingeln des Handys. Ausrasten: Level bald erreicht.




Dienstag, 15. Januar 2013

„Jeder Mensch hat ein zweites Leben, das er nie gelebt hat.“

Laura Karaseks erster Roman zeigt die Generation der 20 bis 30jährigen in allen Facetten. Und auch wenn ihre Heldin krasses Verhalten an den Tag legt, erkennt man sich irgendwie wieder. 


Theresa ist eine eigentümliche Heldin und passt doch genau in diese Generation, der sie angehört. Man versteht die junge Frau nicht immer, warum sie etwas tut oder nicht, aber immer wieder findet man etwas, zu dem man sagt "Ja, kenne ich, mache ich genauso." 
Man wird in diesen Strudel hineingezogen, die Theresa-Welt. Die Sprache von Laura Karasek ist nah am Alltag und doch wieder poetisch. Sie kombiniert Dinge, die nicht zusammen gehören und schafft neue Welten. Bringt zum Lachen, hinterlässt bitteren Beigeschmack. Und manchmal fragt man sich "Sind wir wirklich so?", nur um im nächsten Moment schnell und etwas verschämt weiterzulesen. Bloß nicht zu intensiv darüber nachdenken. Das deprimiert nur. Und schon erwischt man sich wieder, bei dieser Oberflächlichkeit, die auch im Buch thematisiert wird. Wie so vieles! Denn es ist nicht weniger als der Abschnitt eines Lebens, der hier erzählt wird. Der immer in einer Schwebe hängt, immer in der Mitte der Wippe, bloß nicht an einer Seite aufkommen, immer weiterlaufen. Denn die andere Seite könnte ja viel schöner sein und die hat man dann verpasst.
Genau da hängt auch Theresa und will und kann sich nicht festlegen. Master oder Auslandspraktikum, Berlin oder Frankfurt, Benjamin oder Leopold. Viele Möglichkeiten generieren viele Entscheidungen, doch das können wir nicht mehr, entschieden, festlegen. Wir, die wir Verzicht nur als Diät und Mangel nur als Makel kennen, den es dringend zu kaschieren gilt. Sonst sieht man nicht aus wie die in der H&M-Werbung und es muss einem alles so leicht fallen wie allen Anderen. 
Obwohl uns gar nichts leicht fällt. Insbesondere erwachsen sein. Gar nicht leicht. Wohnung sauber halten? Den Kühlschrank mit Gesundem füllen? Gar mit Geld umgehen? Lächerlich.
Und obwohl wir alles haben und glücklich sein müssten, sind wir es nicht. Stattdessen ist da nur Druck. Der Druck alles richtig zu machen, allen zu gefallen, sich aber nicht zu verbiegen und Außergewöhnliches zu leisten. Denn weil wir alles haben - Freiheit, Nahrung, Arbeit - können wir nicht genug bekommen, nicht wertschätzen, was wir jetzt gerade haben. Denn das andere Leben, mit dem besseren Job, dem anderen Mann, in der anderen Stadt, ist mit Sicherheit viel besser. Das zweite Leben, das man nie gelebt hat. 


Verspielte Jahre - Laura Karasek, Quadriga, 19,99€




Montag, 7. Januar 2013

Neujahrs-Fragment


Der Teil der Partynacht des Jahres, der meist nicht erzählt wird: Die Heimfahrt. 

Wieder sitzt sie in dieser U-Bahn. Silvester. Mitten in der Nacht. In dieser Stadt ist es eine Ausnahme, dass die U-Bahn noch fährt, ist also recht leer. Ein paar Halbschlafende. Eine Gruppe Schwarzgekleideter, die sich ange- bis betrunken unterhalten. An sich stört sie das nicht, kommt sie doch gerade aus der gleichen Disco, doch die sind ihr zu laut jetzt. Und ihr iPod zu leise. 
Als sie umsteigt muss sie nur kurz warten, aber einige lautstarke Böller ertragen. Sie werden in der Nähe, im Verteilergeschoss geworfen. Und sie zuckt jedes Mal. Schlicht wegen der Lautstärke. Diese Menschen haben kein Interesse an der eigenen Unversehrtheit. Geschweige denn an der Anderer. Von wegen Grundrechte. 
Der anschließende Nachtbus ist dunkel, überraschend dunkel. Nur grünes Licht glimmt, Mitmenschen kann sie keine erkennen. Welches Konzept verfolgt der Busfahrer wohl damit? Die dummen Betrunkenen zu beruhigen, damit er in Ruhe fahren kann? Interessanterweise scheint es zu funktionieren, auf der ganzen Fahrt passiert gar nichts. Klar, man kann sich nicht anpöbeln, wenn man sich nicht sieht. Gut, dass sie auf ihrem Handy ein Buch liest. Auch eBooks müssen mal Vorteile haben. Und so besteht nicht die Gefahr, dass sie jemand anquatscht.
Auf Bus- oder ähnlichen Fahrten ist sie gern unsozial. Dann will sie einfach lesen oder Musik hören. Nicht reden, keinen Fremden-Smalltalk führen. Für sich sein. Besonders wenn sie müde ist.
Und das wird sie langsam. Ist auch schon spät. Die Kälte, die draußen schon wartet, macht es nicht besser. Die Abwesenheit des nächsten Busses, ihre Heimfahrt dauert nachts etwas länger und eines verfügbaren Taxis lassen die zwanzig Minuten zu einer kleinen Ewigkeit werden. Immerhin begrüßt sie im Bus dann eine arbeitende Heizung. 
So beginnt das neue Jahr wie es endete: Mit einer langen Fahrt öffentlicher Verkehrsmittel.