zwischen meinen zeilen

zwischen meinen zeilen

Sonntag, 17. Februar 2013

Über die Schwelle

Manchmal ist das Leben in einer Übergangsphase, so als hätte jemand auf die Pause-Taste gedrückt. 


Wenn ich über diese Schwelle trete, bin ich zu Hause und Gast in einem. Diese Wohnung war meine, es stehen hier Möbel von mir. Küchentisch, Regal, Schreibtisch, Lampe, Schrank. Bücher, Küchenutensilien, Poster an der Wand. Alles meins. Aber in einer Wohnung, die jetzt nur noch seine ist. Irgendwie. 
Zumindest laut Mietvertrag. Da steht mein Name nicht mehr drin. Ich bezahle auch nichts mehr, weil ich es im Moment nicht kann. 
Deshalb bin ich in einem Wohnen-zwischen-den-Orten-Stadium gelandet. Nach vier Jahren der Unabhängigkeit lebe ich wieder bei meiner Mutter. In meinem Kinderzimmer. Wir kommen sehr gut miteinander aus, das ist nicht das Problem. Aber es ist ihr Haushalt, ihr Reich. In der Wohnung ist jetzt sein Reich, in dem ich herumpfusche, wenn ich da bin. Nur hat meine Stimme weniger Gewicht als früher. 
Ich stehe zwischen den Reichsgrenzen und beantrage immer neue Visa, um hin- und herreisen zu können. 
Alles, was mir geblieben ist, sind meine verstreuten Sachen und die Unabhängigkeit auf meiner Schulter. Sie lacht und sagt: "Schau, das war mal alles deins, dein eigenes, dein Erwachsensein. Und jetzt ist es weg, weil du dein Leben nicht auf die Reihe bekommst." Sie kugelt sich vor Lachen. Und ich spüre den Stich des Versagens. Jedes Mal, wenn ich über die Schwelle trete. 


picture "308__August_7th" by 3six5photos

Mittwoch, 6. Februar 2013

warten

Letztens habe ich gelesen, dass wir Menschen heutzutage das Warten verlernen und dass es manchmal gar nicht schlecht ist, durch das Warten eine Pause machen zu können, in der man einfach nichts tut. Doch es gibt eine Form des Wartens, die nicht so angenehm ist....


Ich warte. 
Immer, dauernd, ständig. Man sieht es nicht, ich stehe an keinem Bahnsteig oder so. Schaue nicht dauernd auf die Uhr. Wippe nicht mit dem Fuß. 
Nein, ich fahre zu meinem Freund, gehe einkaufen, mache mit Freunden einen Videoabend, schreibe Mails, surfe auf Facebook. Kurz: Ich führe ein Leben. Aber unter der Oberfläche liegt das Warten. Auf die vielleicht wichtigste Entscheidung meines Lebens. Nein, nicht ich treffe sie. Das ist es ja! 
Also, eine Entscheidung habe ich getroffen. Nämlich die, mich nicht mit meinem abgeschlossenen Studium und einem normalen Lebenslauf durch un- oder mies bezahlte Praktika zu hangeln, um dann vielleicht - ganz vielleicht - einen befristeten Job zu bekommen. Stattdessen fiel der Entschluss eine Ausbildung zu machen. In dem Betrieb habe ich kurz vorher ein Praktikum gemacht, unbezahlt, aber mit viel Freude. Man mochte mich. Die Bewerbung konnte ich also zum richtigen Zeitpunkt und konkurrenzlos abgeben. Wenn es dieses Jahr eine Azubi-Stelle dort gibt, gehört sie mir.
Da ist dieses kleine Wort: wenn. Wenn, falls, insofern, sofern, vorausgesetzt, dass es sie gibt! 
Diese weitreichende Entscheidung trifft nun ein Herr, der mit Zahlen jongliert, um irgendwann zu sagen, ob die Zentrale die Stelle bezahlt. Und er scheint langsam zu jonglieren. Sehr langsam. 
Das Warten geht also weiter. Der Ton einer Mail: Atem anhalten, falscher Absender, ausatmen. Gleiches Spiel beim Klingeln des Handys. Ausrasten: Level bald erreicht.